Ein aufrechter Charakter und Pietät sind seid den Griechen Qualitäten die ein Arzt oder Helfender besitzen sollte. Er sollte auf die Reinheit und Schlichtheit seiner Gewänder achten und seinen Körper durch Übungen aktiv halten. Er sollte sich seinem Beruf vollständig widmen, deshalb wurden auch wohlhabende Personen dazu angehalten den Arzt gut zu bezahlen, damit er auch armen Menschen seine Zeit schenken konnte. Der Arzt sollte Geduld haben, ein guter Zuhörer sein und sich reichlich Zeit für seine Patienten nehmen. Von Ebu Bekir Razi lesen wir: „ Es wäre auch gut mit seinem Arzt in Verbindung zu stehen bevor man krank wird. „
In der Medizinschule in Kayseri (Türkei) war es üblich, dass der Arzt neben einer gründlichen medizinischen Ausbildung auch eine ebenso umfassende geistige Schulung durchlaufen musste. Dabei waren auch Übungen wie das zurückgezogene Fasten (Halvet) von den angehenden Medizinern zu absolvieren. Der Mensch der anderen helfen kann muss selbst Heilung erfahren und „ganz“ geworden sein. Die Idee hinter diesem ganzheitlichen Ansatz ist worauf uns Nizami hinweist: die Notwendigkeit der Entwicklung der Intuition:
„Ein Arzt sollte eine freundliche Gesinnung haben, einen klaren Verstand und er sollte über eine entwickelte intuitive Kraft verfügen. Ohne die Gabe der Intuition kann ein Helfender die wirkliche Ursache einer Krankheit nicht erkennen.“
Viele traditionelle Heiler unterschiedlichster Kulturen, waren gleichzeitig Mediziner, Wissensgelehrte und Künstler in einer Person. Traditionelle Therapiemodelle waren immer schon eng verbunden mit dem künstlerischen Ausdruck des Menschen (sei dies Gestaltung, Malerei, Gesang, Musik oder Tanz). Wir können soweit gehen und behaupten, dass Kunst und Therapie, weltweit in der Menschheitsgeschichte traditioneller Gesellschaften parallel anzutreffen sind (waren). In den Mythen finden wir diese enge Verbindung von „Kunst“ und „Heilung“ schon am Anfang des Mensch-seins wieder, wie uns eine Legende des persischen Dichters Hafiz (14 hdt.) erzählt:
„Gott schuf nach seinem eigenen Bilde eine Gestalt aus Lehm und Wasser, und bat die Seele sie möge diesen Leib betreten. Die Seele jedoch weigerte sich gefangen zu werden, denn ihrem Wesen nach ist sie frei und wollte nicht eingeschränkt und an etwas gebunden sein. So verspürte die Seele nicht die geringste Neigung dieses irdische Gefängnis zu betreten. Da bat Gott die Engel ihre Musik erklingen zu lassen, und als die Engel spielten, geriet die Seele in Ekstase. Durch diese Ekstase und weil sie die Musik noch intensiver erleben wollte, trat sie in den Körper ein.“
Hafiz fügt hinzu: “Die Leute meinen, die Seele habe den Körper betreten, als sie dieses Lied hörte; in Wahrheit aber war die Seele selbst das Lied.“ Die Menschen fühlen sich von der Musik deshalb angezogen, weil ihr ursprüngliches Wesen selbst Musik ist – unser Geist und unser Körper, die Natur, in der wir leben, die Natur die uns hervorgebracht hat; alles was uns umgibt – all dies ist Musik.